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Die Zukunft liegt im μ

06. März 2020

Baron Maximilian Riedesel zu Eisenbach hat Bärhausen von einem reinen Handelshaus zu einem Produktionsunternehmen und Schleiftechnologie Beratungsunternehmen umgebaut. Mit seinem dynamischen Team von Anwendungstechnikern und dem Inhouse Team in Lauterbach ist Bärhausen immer eng am Kunden. Und mit neuen Schleifmittel-Bindungen oder innovativer Abrichttechnologie stets am Puls der Zeit. Bärhausens Credo: Nur wer in Zukunft aufs µ-genau denkt und handelt, wird in der deutschen Präzisionsbearbeitungsbranche überleben.

Bärhausen ist ja ein Traditions-
unternehmen, ein „einfach weiter so“, wäre das gegangen?

Maximilian Riedesel: Ich denke, dass wir Bärhausen dahingehend umstrukturieren mussten, um langfristig bestehen zu können. Denn heute kann man als klassischer Schleifmittellieferant oder Handelshaus nicht überleben bzw. bestehen. Denn heute braucht man durch die einzelnen Technologien nicht nur einen Lieferanten, sondern einen Schleiftechnologie-Anbieter. In unserem Falle heißt dies, dass ich in den letzten Jahren unsere Techniker für jeden Bereich der Schleiftechnologie speziell eingestellt habe. Unsere Techniker sind in ihren jeweiligen Fachgebieten wirklich herausragende Experten. Sie sind tagtäglich bei unseren Kunden vor Ort. Unter anderem halten sie Schulungen direkt beim Kunden an der Maschine. Dieses gab es früher nicht. Durch unsere Präsenz in der Medizintechnik und Luftfahrt versuchen wir uns immer breiter aufzustellen und somit langfristig eventuell wegfallende Branchen zu kompensieren. Diese beiden Branchen entwickeln sich überdurchschnittlich gut. Welches vor allem auch in der Medizintechnik an unserer gesellschaftlichen Entwicklung liegt. Was meine ich damit? Unsere Gesellschaft wird immer älter, was in der Zukunftsforschung auch als Megatrend beschrieben wird (Silver Society).

Ist es für Sie als Nicht-Vollblut-Techniker schwierig, sich in die Schleiftechnik rein zu denken?

Nein, ganz im Gegenteil, es macht mir riesig Spaß. Ich bin lieber mit unseren Technikern bei unseren Kunden vor Ort, statt ein reiner Schreibtischattentäter zu sein und den klassischen Aufgaben eines Geschäftsführers nachzugehen. Durch meine Präsenz vor Ort lerne ich ständig hinzu. Vor allem lernen wir die unterschiedlichen Aufgabenstellungen unserer Kunden und können zusammen nach passenden Lösungen und Ansätzen suchen. Und so können wir am Markt viel bewegen. Das ist für uns alle stets ein gutes Gefühl.

Ist Bärhausen in den letzten Jahren auch internationaler geworden?

Dort hat meine Familie bereits früh begonnen. Denn wenn wir dies auf die Produktion beziehen, haben wir seit 1982 einen Produktionsstandort in Südkorea. Von dort können wir vor allem den Markt in Asien schnell und direkt bedienen. Auf unsere Kunden bezogen sind in den letzten Jahren die USA, Indien und die Türkei hinzugekommen. Allerdings liegt unser Kerngeschäft immer noch in Europa. Dort werden wir sehen, wie sich dies in den nächsten Jahren entwickelt. Denn auch wir werden mit unseren Kunden „mitgehen“, wenn z.B. unternehmerische Entscheidungen getroffen werden und Produktionsstätten verlagert werden.

Warum Südkorea und nicht China?

Wir wussten, dass die Koreaner sehr gute Werkzeuge bauen und da das Preisniveau in Südkorea damals niedriger als in Deutschland war, entschieden wir uns, diesen Vorteil für uns und unsere Kunden zu nutzen. Die Umsetzung eines solchen Projektes in China war aufgrund der damaligen politischen Situation sowie des Umfeldes schwieriger zu realisieren. Aus diesem Grund sind wir nach Südkorea gegangen und haben heute dort genauso viele Kollegen/ Kolleginnen wie hier in Deutschland.

Warum haben sie aber auch noch hier vor Ort eine Fertigung?

Die Produktion von Sonderwerkzeugen, sowie die Entwicklung für den europäischen Raum sind einfacher und schneller von Lauterbach aus zu steuern. Da die Nachfrage nach solchen individuellen Lösungen hier eindeutig höher ist. Wir haben für den Bereich Forschung & Entwicklung in Südkorea zwei zusätzliche Kollegen eingestellt, welche die Situation in Asien analysieren und direkt Lösungen für den asiatischen Markt entwickeln. Denn durch diese Splittung können wir die jeweiligen speziellen Marktgegebenheiten berücksichtigen und produzieren nicht am Markt vorbei.

Hat Bärhausen nur den einen Produktionsstandort in Deutschland?

Im Prinzip ja. Allerdings haben wir in der Nähe von Würzburg für die „Abteilung Stein“ noch eine verlängerte Werkbank.

Gerade im Schleifbereich gibt es eine große Reihe deutscher Traditionsunternehmen, worin unterscheidet sich Bärhausen?

Einmal sind dies unsere Techniker. Da wir schon seit langer Zeit nicht mehr auf den klassischen Vertrieb setzen, sondern auf einen technischen Vertrieb einschließlich Beratung und Kundenbetreuung. Dieses sehe ich als A und O. Dazu kommt, dass wir unseren Kunden die komplette Bandbreite fürs Schleifen anbieten können. Wenn ich sage komplett, dann meine ich auch komplett.  Dieses geht von Diamantwerkzeugen bis hin zu flexiblen Schleifmitteln, also von Schleifmittel für hochharte Werkstoffe bis hin zu weichen Werkstoffen. Ich kenne kein Familienunternehmen, welches das in dieser Breite anbietet. Natürlich gibt es die Global Player am Markt, die auch das komplette Spektrum an Schleifwerkzeugen bieten. Nur denke ich, dass wir, d.h. alle Familienunternehmen, uns nicht verstecken müssen, sondern alle eine lange Tradition weiterführen möchten und dies mit allen Höhen und Tiefen.

Aus welcher Idee ist Bärhausen entstanden?

Gegründet wurde Bärhausen 1955 in Köln und war zu diesem Zeitpunkt ein reines Handelshaus. Die zweite Generation ist dann dazu übergegangen, auch einzelne eigene Werkzeuge zu entwickeln und zu verkaufen. Diese Idee wurde dann in der dritten Generation durch mich weiterentwickelt. Diese immer unter dem Gesichtspunkt, was unsere Kunden benötigen. Wir sind somit Hersteller, Konfektionär und Händler von Schleifwerkzeugen und der dazugehörenden Peripherie. Zusammenfassend gesagt, ein zuverlässiger Partner der Schleiftechnik.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen?

Wir beschäftigen 38 Kollegen in Deutschland sowie 42 Kollegen in Südkorea. Hierbei habe ich nur unsere festangestellten Kollegen berücksichtigt.

Tendenz steigend oder momentan stagnierend?

Für das Jahr 2020 sind erst einmal keine personellen Veränderungen geplant, weder nach oben noch nach unten.

Wir möchten das Jahr 2020 nutzen, um uns auf zwei neue Projekte zu fokussieren und uns auch die Zeit nehmen, dass wir zusammen mit unseren Kunden (Zulieferer für die Autoindustrie) die anstehenden Änderungen besprechen und planen können. Denn wie bereits eine Studie von Roland Berger (aus 2019) über den Wandel in der Branche beschreibt: „Die aktuelle Absatzschwäche erschwert Investitionen in neue Technologien ... im Moment ist völlig offen, welche Technologien sich in 15 Jahren durchsetzen...“
Und genau in solchen Situationen hilft uns dann unser breites Portfolio für die Holzindustrie, Steinindustrie, Metallverarbeitende Industrie, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt. Denn nur so können wir langfristig ergebnissteigernd arbeiten und die Arbeitsplätze sichern.

Gibt es etwas, wenn Sie die Entwicklungen auf den internationalen oder nationalen Märkten anschauen, was sie beunruhigt?

Die Industrie an sich, dabei ist es völlig egal, ob ein börsennotierter Konzern oder ein mittelständisches Familienunternehmen, steckt wegen den einzelnen internationalen Herausforderungen bereits in einer Rezession. Darunter wiederum leidet die Gesamtwirtschaft. In einer Erklärung für diese Situation sagte der BDI Präsident Dieter Kempf: „Aber wir sollten es halten wie damals im Lied von Geier Sturzflug: Wir müssen in die Hände spucken und das Bruttosozialprodukt steigern. Und zwar alle miteinander.“ Wir sollten uns in Deutschland überlegen, wo unsere Stärken sind und uns nicht selbst kaputtreden oder auf dem erreichten Wohlstand der letzten Hochkonjunktur ausruhen. Und dieses können wir mittelständige Familienunternehmen uns vor allem nicht leisten, denn wenn wir uns ausruhen und nicht die Ärmel hochkrempeln, ist die Familiengeschichte aus. Am besten schaffen wir das gemeinschaftlich mit unseren Kunden.

Sind oft Kunden hier bei Ihnen?

Dies ist sehr unterschiedlich, allerdings wenn man es prozentual betrachtet, sind wir zu über 80 Prozent beim Kunden. Da wir dort direkt an den einzelnen Maschinen z.B. das Schleifproblem lösen können oder die Optimierung des Schleifergebnisses direkt messen können. Ebenfalls verliert der Schleifer weniger Zeit. Zu uns nach Lauterbach kommen unsere Kunden vorwiegend zu Schulungen und Vorführungen von neuen Techniken, wobei dies auch direkt beim Kunden stattfinden kann.

Das Kerngeschäft liegt wo bei Bärhausen?

Hier liegt die hauptsächliche Ausrichtung immer noch in den Diamant- und CBN-Werkzeugen.

In welchen Bereichen ist Ihr Unternehmen besonders leistungsstark und innovativ?

Eigentlich hätte ich jetzt gesagt im Walzenschleifen, allerdings hat sich dies ebenfalls geändert bzw. die Nachfrage besteht nicht mehr, weil wir alle nicht mehr viel auf Papier schreiben und lesen, sondern wir bevorzugen dies eher in digitaler Form. Somit würde ich aktuell sagen, dass wir im Räumnadelschleifen sehr gute Ergebnisse erzielt haben.

Gibt es Neuheiten im Unternehmen?

Natürlich, denn wie oben bereits erwähnt, verfügen wir über ein breites Portfolio. Hinsichtlich der Grindtec haben wir uns noch breiter aufgestellt und in der Peripherie des Schleifens, von dem Abrichten über das Aufschärfen, das Konditionieren und das Auswuchten. Oftmals werden genau diese Dinge stiefmütterlich behandelt. Wie bereits erwähnt, ist dieses eines unserer Projekte in 2020, dass wir noch mehr in den Bereich Abrichten vorstoßen. Hierfür haben wir eine neue Abrichtspindel konzipiert, die seit Juni 2019 auf dem Markt ist und auf der Grindtec präsentiert wird.

... und sie liefern quasi...

Die Spindel-Technologie an sich und verbunden damit die Abrichtwerkzeuge. Entweder als Diamantabrichtwerkzeug oder als keramisches Abrichtwerkzeug. Ebenfalls können wir unseren Kunden eine maßgeschneiderte Finanzierung, als Dienstleistung über unsere Hausbank, hierfür anbieten.

Vor welchen Herausforderungen werden Sie vermutlich in den nächsten Jahren gestellt?

Dem Industriesektor gerecht zu werden. Dass wir unseren Kunden schnell ein maßgeschneidertes Werkzeug liefern können. Ich glaube, dass wir noch präziser in Deutschland werden müssen, da die Maschinenentwicklungen bereits viele Schritte der Grobzerspanung in der Produktentwicklung vorwegnimmt und somit ‚nur’ noch das hochpräzise Schleifen relevant sein wird.

Wo liegen denn die wichtigsten Märkte für Bärhausen?

Deutschland plus Anrainer-Staaten.

Wieso weniger USA?

Wir haben auch einen Vertrieb in den USA und Indien. Aber wir fokussieren uns auf Deutschland, Benelux, Polen, Österreich, Schweiz.

Und die wichtigste Messe?

Immer noch die Grindtec.

Ist Ihr Vater auch noch im Unternehmen?

Ja, jeden Tag. Er ist jetzt 79 und schaut jeden Tag nach dem Rechten. Meinerseits kann ich nur sagen, dass ich sehr froh bin, dass er uns immer noch mit seinem Wissen und seinen Erfahrungen unterstützen kann.

Wo sehen Sie Bärhausen in den nächsten zehn Jahren?

Wir möchten Bärhausen zu einem Unternehmen mit dem besten Service in der Branche ausbauen, vor allem mit dem ersten Ziel Verkauf hochwertiger Produkte plus einem noch besseren und umfassenderen Serviceangebot.

Alles mit Bedacht?

Selbstverständlich, dieses natürlich innerhalb unseres jetzigen Portfolios.

Stichwort Präzision. Die Produkte der Zukunft werden wie aussehen?

Ich bin davon überzeugt, dass wir immer mehr in die Richtung Feinschleifen und Läppen gehen werden. Wir sprechen immer weniger von Zehnteln, sondern nur noch von µ und Präzision.

Vor welche Herausforderungen werden sie täglich gestellt?

Die ist eine gute Frage, ich denke, tagtäglich die richtige Balance zwischen den Tätigkeiten der Geschäftsführung zu finden und den Drang doch noch einmal in die Produktion zu gehen, um dort an den technischen Problemlösungen für unsere Kunden zu arbeiten. Denn wie ich schon erwähnt habe, sitze ich nicht „nur“ am Schreibtisch, sondern bin sehr gern bei unseren Kunden und in der Produktion. Nicht tagtäglich, allerdings muss man sich als Familienunternehmen auch Gedanken machen, wie wir die Herausforderungen meistern und Chancen nutzen können – ganz gleich, ob es um Digitalisierung, Recruiting oder Generationswechsel geht.

Was motiviert Sie?

Unser tolles und motiviertes Team, in Produktion, Verwaltung und im Außendienst. Alle Kollegen haben Lust mit mir „mein Baby“ Bärhausen weiter voranzubringen und es vor allem weiterzuentwickeln. Dabei profitieren wir von kurzen Wegen bei Entscheidungen, sowie effektiver Kommunikation um an unsere gesteckten Ziele zu kommen – genau dies macht uns aus.

VITA

Baron Maximilian Riedesel zu Eisenbach (45) hat mit seiner Selbstständigkeit bereits mit 19 Jahren begonnen. Während des Studiums der Volkswirtschaftslehre, später dem Wirtschaftsingenieurwesen, gründete er mit seinem besten Freund, ebenfalls Unternehmersohn, in München eine Filmproduktionsgesellschaft. Unter anderem produzierten sie den weltweit ersten Digital-Film. Allerdings entschlossen sich dann beide, doch -„last minute“ sozusagen - ins elterliche Unternehmen einzutreten. Maximilian Riedesel hat dies nicht bereut. Mit „jetzt ist es so“ fasst er lapidar die spektakulären Film-Jahre ohne Wehmut zusammen. Vor der kompletten Übernahme des Familienunternehmens war er drei Jahre im Außendienst in Südbayern. Er bezeichnet sich selbst als akribisch und verbringt deshalb nun viel Zeit im Unternehmen.  – Umso mehr genießt er die eher wenige freie Zeit, um den Kopf freizubekommen und dieses verbindet er dann mit Reisen, Sport oder einfach entspannt die Zeit mit seiner Frau und Freunden zu verbringen.


Quelle | Bärhausen