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Abrichtmaschinen "made in Austria"

09. November 2023

Laut Definition kennen “Macher” keine Barrieren, lieber suchen sie nach Lösungen. Herausforderungen gehen sie zügig an, ohne lange darüber zu lamentieren. Außerdem halten sie sich nicht lange mit Krisenbotschaften auf, die ihrerseits nur zu Panikmache führen. Sie sind alles andere als Bedenkenträger und treffen lieber mal kurzfristig ungünstigere Entscheidungen, anstatt diese auf die lange Bank zu schieben. Auf Lukas Watzenböck, Geschäftsführer von GWD, trifft diese Beschreibung haargenau zu.

Schon in ­jungen Jahren hatte der gelernte Konstrukteur seinen Kopf voller Ideen. Sein Ziel war es, flexibel und eigenverantwortlich zu arbeiten. Als gelernter Konstrukteur für Maschinenbautechnik, begann er deshalb im Jahr 2017 neben seiner Anstellung als Vertriebsleiter, mit einem Handel für Gebrauchtmaschinen. Das alte, stillgelegte Sägewerk seines Großvaters wurde ihm als erstes „Firmengebäude“ zur Verfügung gestellt. Irgendwann trudelte auch die erste Anfrage nach einer preiswerten Abrichtmaschine ein. Da eine adäquate Maschine am Markt nicht zur Verfügung stand, beschloss der gebürtige Oberösterreicher seine Kontakte in Asien zu nutzen und diese selbst herzustellen. Manuell, leistungsstark und vielseitig sollte sie sein. Der damals 25-jährige hatte in dieser Nische einen Markt erkannt. Im Interview verrät der 29-jährige unter anderem, was seine Abrichtmaschinen von anderen unterscheidet und weshalb er plötzlich Inhaber von zwei Unternehmen geworden ist.

 


 

Herr  Watzen­böck, mittlerweile sind Sie Eigen­tümer von gleich zwei Unternehmen. Zum einen GWD und zum anderen ATP. Wie kam es dazu und welche ­Verbindungen gibt es ­zwischen ­diesen beiden Firmen?

 

Neben meiner Tätigkeit als Vertriebsleiter bei ATP begann ich mit einem Handel für Gebraucht­maschinen und wenig später auch mit dem Import, der Herstellung und dem Vertrieb von Abrichtmaschinen. GWD entwickelte sich hervorragend, die Nachfrage nach Abrichtmaschinen stieg, und deshalb rückte GWD für mich immer mehr in den Vordergrund. Ich kann mich noch gut an die ­Auslieferung der ersten Abrichtmaschine an RLZ Zerspanungstechnik GmbH erinnern, mit welchem ich bis heute eine gute Freundschaft pflege. Gleichzeitig stand wenige ­Jahre später auch ATP zum Verkauf an, da kein Nachfolger für das ­inhabergeführte ­Unternehmen ­gefunden wurde. Ich konnte die Geschäftsanteile in diesem Jahr erwerben und bin deshalb nun Geschäftsführer von beiden Unternehmen geworden.  GWD und ATP.

 

Lukas Watzenböck

Worin liegt das Kerngeschäft von ATP?

Das Kerngeschäft von ATP liegt in der mechanischen Antriebstechnik. Es geht um individuelle Antriebslösungen wie Spindelantriebe und Getriebe in allen Variationen. Deshalb passt es sehr gut  in unser Portfolio, zumal es auch als Zulieferer für GWD eine wichtige Rolle spielt .

Lukas Watzenböck

Damit sind Sie Kapitän von gleichzeitig zwei Schiffen. Erleben Sie diese Tatsache nicht als anstrengend?

Ja, manchmal schon. Aber es macht die ganze Sache auch wieder spannend. Ich bin daran interessiert, dass beide Firmen so selbständig wie möglich ­aufgestellt sind, damit ich mich besser auf die ­Ausrichtung und Entwicklung konzentrieren kann. Ganz aus dem ­Tagesgeschäft kann ich mich natürlich nicht ziehen. Wir können erfreulicherweise die gleiche Infrastruktur, wie Büro­räume und EDV-Systeme nutzen und das verschafft uns natürlich einen großen ­Fixkostenvorteil.

Lukas Watzenböck

Sie sind gerade mal 29 Jahre jung und leiten erfolgreich beide Unternehmen. Die Wenigsten in Ihrem Alter stehen schon in solcher Verantwortung. Wie es mir erscheint, können Sie gut damit umgehen…

Die Verantwortung ist mir natürlich sehr wohl bewusst. In beiden Firmen ­arbeiten insgesamt im Durchschnitt 20 Mitarbeiter, die sich und auch ihre ­Familien versorgen müssen. Deshalb sehe ich mich sehr wohl in der Pflicht, dass beide Firmen erfolgreich geführt werden. Den Drang, flexibel und selbstverantwortlich zu arbeiten, eigene ­Ideen umzusetzen und mein eigener Chef zu sein, hatte ich schon immer. Mein Vater stellte mir für die ersten ­Erfahrungen breitwillig den Platz im alten Sägewerk meines Großvaters zur Verfügung. Ich habe schon immer sehr gerne gearbeitet, sechzig Stunden waren für mich nicht unüblich. Ich habe es aber nie belastend erlebt, viel zu arbeiten. Im Gegenteil, es hat mich eher geärgert, wenn ich aufgehalten wurde und ich nicht mein „Ding“ machen konnte. Der einzig zielführende Weg war für mich damit die Selbständigkeit.

Lukas Watzenböck

Wie lässt sich der Name GWD ableiten?

2017 startete ich mit einem Online-Handel für Holz-Sonnenbrillen. Da mein Großvater im Holzhandel tätig war und ich eine Verbindung zu ihm herstellen wollte, hatte ich die ­Firma GranWood genannt. Irgendwann habe ich den Online-Handel wieder aufgegeben und den Namen für den ­Gebrauchtmaschinenhandel und für die Herstellung und den Vertrieb von ­Abrichtmaschinen übernommen, woraus sich nun GWD in Kurzform ableitet.

Lukas Watzenböck

In welchem der beiden Firmen, GWD oder ATP, steckt mehr Herzblut?

Oh ja, das ist eine gute Frage. GWD mit den Abrichtmaschinen ist ein recht ­junges Unternehmen mit sehr viel Wachstumspotenzial. Angefangen habe ich bei null und es hat sich ­prächtig ­entwickelt. Wir konnten unseren ­Umsatz in den letzten Jahren jährlich um 50 Prozent steigern, den Vertrieb haben wir nun zusätzlich aufgestockt.

ATP ist ein gewachsenes, solides Unternehmen, welches feste Strukturen und Kundenstämme aufweist. Beide Firmen stehen für sich, sind spannend und haben großes Entwicklungspotenzial. Gelegenheiten muss man nutzen und somit bin ich überzeugt, dass es auch für die Gruppe nicht bei diesen beiden Unternehmen bleiben wird.

Lukas Watzenböck

Was unterscheidet Ihre Abrichtmaschine von anderen?

Es handelt sich um eine sehr einfach zu bedienende, manuelle Abricht­maschine, welche alle notwendigen ­Funktionen ­inklusive Software in einem sehr ­vernünftigen Kosten-Nutzen-­Verhältnis anbietet, sodass auch weniger ­finanzstarke Unternehmen sich diese ­Maschine leisten können. Wir haben dabei bewusst den Schritt zum Import hochwertiger asiatischer Maschinen gewagt, um diese bei uns auf einen europafähigen Standard umzubauen. Maschinen anderer Anbieter haben eine Basismaschine und für jede erdenkliche Zusatzfunktion wird ein Aufpreis verrechnet. Wir möchten gemeinsam mit unseren Kunden wachsen, wodurch wir auch in naher Zukunft höchstwahrscheinlich zu einem Zeitpunkt X ebenfalls eine CNC-gesteuerte Maschine anbieten werden. Erste Überlegungen dazu haben wir bereits, wir sind aber immer noch auf der Suche nach einem Testkunden für diese Anlage.

Unser Anliegen ist es, kontinuierlich, besonnen und organisch zu wachsen, langfristig und Schritt für Schritt. Und das alles mit eigenen Mitteln. Falls sich Kunden für unsere Abricht­maschine entscheiden, erhalten sie diese als ­Komplettpaket. Unsere ­Maschine enthält alle Funktionen, wie etwa DXF-­Import oder Drehzahlmessung, etc. ohne ­Aufpreis. Kunden können nicht zwischen verschiedenen ­Zusatzfunktionen wählen. Das macht es wiederum für unsere Kunden sehr einfach und die Kaufentscheidung fällt zeitnah. Die ­Maschine, die der ­Kunde hier vor Ort besichtigt, die erhält er dann auch für seinen Betrieb. Natürlich kommt es immer wieder vor, dass ein Kunde Sonderwünsche hat, diese werden dann individuell mit Ihm vereinbart und eingebaut. Im Übrigen konnten wir mittlerweile auch eine GWDress-650 Abrichtmaschine für Schleifscheiben mit Durchmessern bis 650mm auf den Markt bringen. Und sollte unsere ­eigene Abrichtmaschine einmal nicht auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sein, können wir auch aus unserem Pool an Gebrauchtmaschinen etwas Passendes für ihn anbieten.

Lukas Watzenböck

Im Frühjahr 2023 konnten Sie erstmals Ihre Maschine auf der GrindTec in Leipzig ausstellen.
Hat sich dieses Messedebüt für Sie gelohnt?

Tatsächlich konnten wir direkt auf der Messe Maschinen verkaufen, das hat uns natürlich gefreut und bestärkt. Die Messe hat sich damit auch ­gerechnet, aber ehrlicherweise hätten wir uns schon mehr Besucher gewünscht. ­Unsere Planungen laufen ­mittlerweile schon für einen Messeauftritt der ­GrindingHub.

Lukas Watzenböck

Was schätzen Ihre Kunden besonders?

Eine Firma, die erfolgreich ist, weiterhin auf Erfolgskurs zu halten, wird wohl meine größte persönliche Aufgabe sein. Die Digitalisierung fordert zwar heraus, ich sehe aber darin mehr die Chancen, die sich uns bieten. Es wird um große Veränderungen gehen, allerdings müssen auch die Menschen für diesen Wandel Bereitschaft zeigen und Verständnis dafür entwickeln. Das wird nicht von heute auf morgen gelingen.

Lukas Watzenböck

Wo sehen Sie sich mit GWD in ungefähr 10 Jahren?

Unser Ziel wird es sein, Komplettanbieter für diese Nische zu werden. Es ist uns wichtig, dass die Maschinen, die von GWD angeboten werden auf die Bedürfnisse des Marktes ausgerichtet werden. Deshalb ist uns die Zusammenarbeit mit den Kunden enorm wichtig. Zielführende, konstruktive Vorschläge von den Kunden fließen in die neuen Maschinen ein.

Lukas Watzenböck

In welchen Ländern sehen Sie die wichtigsten Absatzmärkte für Abrichtmaschinen?

Hauptsächlich sehen wir unseren Markt in Europa. Wir sind aber auch daran interessiert, international Neukunden zu gewinnen. Ein nächster Schritt wird deshalb sein, ein Händlernetz in verschiedenen Ländern aufzubauen. Händler wissen um die lokalen Marktbedürfnisse und können deshalb natürlich besser bei der Entscheidungsfindung vor Ort unterstützen.

Lukas Watzenböck

2021 haben Sie Ihre erste Abrichtmaschine verkauft. Mittlerweile findet man GWD-Abrichtmaschinen, „made in Austria“, in vielen weiteren Ländern. Wie vorhin erwähnt, hatten Sie bisher noch keine ­Reklamationen. Und das als Newcomer…

Nein, tatsächlich hatten wir bis jetzt noch keine Beanstandungen. Einmal hatten wir eine Maschine an einen Kunden ausgeliefert, der sich nicht ganz sicher war, ob diese Maschine für seine Bedürfnisse passen würde. Deshalb haben wir ihm eine Rückgabeoption eingeräumt. Nach wenigen Wochen hat er von der Rückgabeoption Gebrauch gemacht und die Maschine an uns zurückgegeben. Für ihn hatte die manuelle Abrichtmaschine nicht ausgereicht. Aber erfreulicherweise hatten wir bis jetzt bei unseren Maschinen, die beim Kunden stehen, keine Serviceeinsätze oder Probleme.

Lukas Watzenböck

Vita Lukas Watzenböck

Manchmal würde sich Lukas Watzenböck wünschen, sein Tag hätte 48h anstatt 24h, um alles gut unter einen Hut bringen zu können. Das leuchtet ein, denn mit zwei Firmen und zwei noch nicht schulpflichtigen Kindern ist der Tag bis auf die letzte Minute immer gut ausgefüllt. Doch nicht genug. Neben seiner Selbständigkeit und seiner Rolle als Familienvater studiert er berufsbegleitend Mechatronik und Wirtschaft an der Fachhochschule mit dem Ziel, das Bachelorstudium in naher Zukunft abschließen zu können. Auf die Frage, was ihn als Unternehmer auszeichnet, gibt er zu verstehen, dass er Zusammenhänge gut erkennen könne, das große Ganze sähe und er gerne Entscheidungen träfe. Imme wieder spricht der Jungunternehmer bestimmte Strategien und Vorhaben mit seinem Vater ab. Zwar komme dieser nicht aus der Selbständigkeit, dennoch hinterfrage er stets, sähe eher das Risiko und manchmal würden seine Ideen mit stichhaltigen ­

Argumenten von ihm zerpflückt.  Am Ende, so meint Lukas Watzenböck, komme dann dabei immer ein erfreuliches Ergebnis zutage. „Sein eigener Chef sein“, das wollte der gebürtige Oberösterreicher schon immer. Dabei reizen ihn komplexe Aufgaben genauso wie die Abwechslung, die er täglich erfährt. Er sieht sich deshalb als Finanzplaner, Motivator, Visionär, technischer Berater und Personalentscheider in einer Person. Einplanen müsse er vor allem die Zeit mit seiner Familie, die unter der Woche häufig zu kurz käme, gesteht Lukas Watzenböck. Deshalb verbringt er am Wochenende gerne viel Zeit mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern. Generell beschreibt er sich als eher mutigen und risikobereiten Menschen, dennoch wägt er vor Entscheidungen immer genau ab. Wann die nächste Entscheidung für einen Unternehmenszukauf ansteht, weiß er noch nicht. Allerdings hält er seine Augen und Ohren stets offen, um passende Gelegenheiten nicht zu versäumen.


Quelle | GWD Industrial