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Effizienzsteigerung beim Seilschleifen macht Verfahren interessant für Kernkraftrückbau

15. Mai 2023

Der Rückbau kerntechnischer Anlangen gewinnt durch den in Deutschland beschlossenen Ausstieg aus der Kernkraft immer stärker an Bedeutung. Eingesetzte Verfahren wie das Seilschleifen stoßen hier allerdings oft frühzeitig an seine Grenzen. „Durch die hohe thermische Belastung im Kontrollbereich kommt es oft zum frühzeitigen Werkzeugversagen“, erklärt Christian Heller, Wissenschaftler am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) an der Leibniz Universität Hannover.

Durch den Einsatz geeigneter Prozessstellgrößen und einer optimierten Druckluftkühlung ist es bereits möglich, die Lebensdauer der Werkzeuge um 30% zu erhöhen. Seit April 2023 werden die letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet. Die Kernkraftwerke müssen nach ihrer betrieblichen Nutzung ordnungsgemäß stillgelegt und rückgebaut werden. Somit entstehen hier in naher Zukunft eine Vielzahl kostenintensiver Rückbauprojekte.

Dabei ergeben sich besonders für die Fertigungstechnik komplexe Herausforderungen. Für die Zerteilung komplexer, großvolumiger Stahlbauteile kommt dabei immer häufiger das Seilschleifen zum Einsatz. Es besticht durch seine Flexibilität und einfache Hantierbarkeit.

Das Seilschleifwerkzeug besteht dabei aus Schleifsegmenten, die mit Abstandfedern auf einem Trägerseil montiert werden. Eine umschließende Gummierung verhindert einen direkten Kontakt des Trägerseils mit dem Werkstück und ist maßgeblich für den Zusammenhalt des gesamten Werkzeugs verantwortlich. Um Querkontaminationen zu vermeiden, wird im Kontrollbereich eines Kraftwerks auf den Einsatz von Kühlwasser verzichtet. Dadurch steigt die thermische Belastung des Werkzeugs und die Gummierung versprödet. Um diesem Versagensmechanismus zu begegnen, wird am IFW in einem Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Partnern aus der Industrie erforscht, wie sich durch geeignete Prozessauslegung die Temperatur im Seil verringern lässt.

„Durch geeignete Prozessstellgrößen ist es möglich, eine effiziente Zerspanung auf Kornebene zu realisieren. Dadurch verringert sich die thermische Belastung der Seilschleifwerkzeuge, wodurch die Lebensdauer der Werkzeuge und damit die Wirtschaftlichkeit des Seilschleifprozesses gesteigert wird.“, weiß Christian Heller.

Neben der richtigen Wahl der Prozessstellgrößen konnten noch weitere temperaturrelevante Einflussfaktoren ermittelt werden. So ist das Verhältnis zwischen Eingriffslänge und freier Seillänge entscheidend für die Konvektion des Seils an der Luft. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass die freie Konvektion nur einen Wärmestrom zur Abkühlung des Seils von ca. 40Watt erzeugt.

Demgegenüber kann durch Luftdruck erzwungene Konvektion 10-mal höherer Wärmestrom am Seil erzeugt werden. Um diese Kühlwirkung optimal auszunutzen, wurde am IFW eine Kühleinheit mit vier Vortex-Düsen entwickelt und im aktuellen Forschungsprojekt erweitert. Durch die so verringerte Werkzeugtemperatur ist es möglich, die Standfläche der Seilschleifwerkzeuge um ca. 30% zu steigern. In zukünftigen Arbeiten wird das Optimierungspotential beim Seilschleifen weiter untersucht, indem angepasste z. B. angepasste Werkzeuggeometrien eingesetzt werden.

 

Quelle | IFW Hannover