MENÜ
Filtern nach

Lehmann Präzisionswerkzeuge GmbH: Vom Garagenunternehmen zum international erfolgreichen Mittelständler

Von Lehmann GmbH Präzisionswerkzeuge
29. August 2022

Eigentlich könnte man das Unternehmen Lehmann Präzisionswerkzeuge als buchstäblichen „Hidden Champion“ bezeichnen.  Fährt man durch das beschauliche Kleinförstchen, ein unscheinbares Dorf im Zentrum des Oberlausitzer Landkreises Bautzen, zeigen sich idyllische Einfamilienhäuschen, aufgereiht entlang einer unbefahrenen Landstraße. Inmitten dieser verträumten Siedlung steht ein Werkzeugunternehmen, das sich zunächst größenmäßig kaum von der Silhouette des übrigen Wohnortes unterscheidet. Nur wenige Schritte innerhalb des Unternehmens reichen aus, um zu erleben, dass das Firmengebäude und das angrenzende, renovierte und umgebaute ehemalige Rittergut Platz für mehr als 100 Arbeitnehmern bietet. Dabei hat der Ort selbst nur um die 75 Einwohner. „Hidden Champion“ steht jedoch auch als Synonym für Wachstumsunternehmen in der BRD. Auch diese Voraussetzung ist gegeben. Was als „Garagenunternehmen“ kurz nach der Wende 1991 begann, hat sich im Lauf der Jahre zum innovativen Werkzeughersteller gemausert. Neben Fräs-, Reib und Hartmetallwerkzeugen, ist das sächsische Unternehmen auch für seine PKD-Werkzeuge bekannt und steht dem Global Playern am Markt in Nichts nach. „Im Gegenteil“, gibt der Selfmade-Unternehmer Lehmann unmissverständlich zu verstehen: „Mein Team und ich fertigen auf höchstem Niveau und legen Wert auf Präzision und beste Qualität“. Dabei sind wir mit unserer Mitarbeitergröße maximal flexibel und unsere Kunden sind die besten Lehrmeister.“


David gegen Golliath oder wer hat final die besseren Karten?

Der gelernte Industriemechaniker Roland Lehmann begann zunächst seine Selbständigkeit mit einer kleinen Schleiferei. Anfänglich hatte er auch nur für die polygrafische Industrie Aufträge entgegengenommen. Nach und nach kamen andere Werkzeuge für verschiedene Anwendungen hinzu. Manches konnte er dann outsourcen, doch oftmals hatte er mit unattraktiven Lieferzeiten zu kämpfen und auch mit der Qualität war er am Ende nicht zufrieden. Deshalb entschied er sich dafür, die PKD-Werkzeuge Inhouse zu fertigen und das gestaltete sich als langwieriger Prozess, bis dann tatsächlich die ersten Werkzeuge in gewünschter Qualität ausgeliefert werden konnten. Es nütze eben nichts, einfach mal eine Erodiermaschine zu kaufen. Es ginge um die gesamte Wertschöpfungskette, die abgebildet werden müsse, eben um das ganze Engineering, so Lehmann. „Vieles, wie zum Beispiel das Löten, das Lasern, das Schleifen, das richtige Maß - das alles will gelernt sein und letztendlich muss man für alles auch ein Gespür entwickeln. Das zeigt Ihnen niemand. Dafür gibt es keine Lehrgänge oder Schulungen,“

gibt der sächsische Unternehmer stirnrunzelnd zu verstehen. Anfänglich musste er sich gegen den Marktführer der Branche beweisen. Als kleiner Mittelständler konnte und könne er aber mit Schnelligkeit und Flexibilität punkten. Das finge an bei der Projektierung bis zur Optimierung des Werkzeugs. Und er fügt hinzu, dass es kaum ein Projekt gäbe, bei dem man nicht optimieren könne, wie zum Beispiel bei der Geometrie. Natürlich brauche man hierfür die nötige Passion und daneben müsse man eben auch die Herausforderungen lieben. Schmunzelnd fügt er hinzu, dass er Mitarbeiter habe, die nur dann beflügelt das Werk verließen, wenn sie an neu gestellten Aufgaben und Herausforderungen herangeführt würden, Lösungen dafür entwickeln und daran wachsen könnten. Das erfülle sie dann mit Stolz und damit brächten sie natürlich auch das Unternehmen nach vorne.


Kunden als die besten Lehrmeister

Profitiert und gewachsen ist das Unternehmen durch seine sehr kritischen Kunden. Vor einigen Jahren, so erinnert sich Lehmann, war einer von ihnen sehr akribisch, fast schon überkorrekt mit den Ausführungen und eines Tages hatte er ein Werkzeug, dass unter ein µ Toleranzabweichung ausgeliefert wurde, reklamiert. Seine Mitarbeiter hatten mittlerweile schon eine Abwehrhaltung gegenüber diesen „peniblen“ Kunden entwickelt und quasi Bögen um diese Aufträge gemacht. Sie waren gekennzeichnet und es galt ganz besonders präzise für diesen Kunden zu arbeiten. „Eigentlich die falsche Denkweise“, so Lehmann. Kurzerhand entschied er, alle zukünftigen Aufträge seiner Kunden auf diesem Niveau zu fertigen. Seine Mitarbeiter hatten sich anfänglich dagegen gesträubt, denn die Reklamationen kamen tatsächlich ja nur „aus einer Ecke“. Heute jammert niemand mehr über seine damalige Entscheidung und das gestiegene Auftragsvolumen geben dem Unternehmer recht.

Mittlerweile ist Lehmann davon überzeugt, dass dieser eine Kunde ein wichtiger Meilenstein für das Unternehmen in Göda gewesen ist. Viele Anwender bestellen nun Werkzeuge, ohne einen Preis dafür zu kennen. Natürlich, so meint er, mache er Angebote und schicke Auftragsbestätigungen. Aber Kunden haben volles Vertrauen und wissen, dass wir auf einem hohen Level unsere Werkzeuge fertigen. Viel wichtiger sei nur noch der Liefertermin.


Stolz auf seine Crew im Hintergrund

Roland Lehmann scheint seine Mitarbeiter hinter sich versammelt zu haben. Es sei ihm bewusst, dass sein Lehmann-Team maßgeblich am Erfolg des Unternehmens beitrüge. Er zieht sie in viele Entscheidungen ein, zum Beispiel, wenn es um Neuanschaffungen von Maschinen geht. Er selbst sieht sich als „Triebwerk“ für das Unternehmen, er stößt neue Projekte an und ist am Ball, wenn es um innovative Weiterentwicklungen für Lehmann Präzisionswerkzeuge geht. Bedienen kann er seine Maschinen und Anlagen in der Regel nicht mehr, aber er weiß, was die Maschinen können und ist auch regelmäßig bei Schulungen der Maschinen dabei. Stets, so sagt er, habe er aber auch ein offenes Ohr für die privaten Belange seiner Angestellten, seine Tür sei jederzeit offen und er stünde auch mal, wenn es denn erforderlich sei, als Ratgeber zur Verfügung. Er ist stolz auf seine Mannschaft und ist auch stets bestrebt, viele junge Menschen in die Ausbildung zu bringen. Sei es im Rahmen eines dualen Studiums oder als Ausbildung zum Industriemechaniker. Er sieht sehr wohl, dass mit der Lehrwerkstatt der Grundstein für die Zukunft des Unternehmens gelegt werden würde und deshalb sei ihm eine fundierte Ausbildung enorm wichtig. Leider, so gibt er etwas nachdenklich zu verstehen, blieben aber die jungen Arbeitskräfte immer mehr aus. Sonst hatte er immer drei bis vier Auszubildende pro Jahr. Für Herbst 2022 habe er erst einen Azubi in Aussicht und dieser hätte aber seinen Vertrag noch nicht unterzeichnet. Damit habe aber leider die ganze Industrie zu kämpfen, unterstreicht Lehmann. Hier müsse auch die Politik die Weichen stellen und die Jugendlichen mehr an die berufliche Bildung heranführen. Er betont, dass er selbst als Schüler einer gewissen Jahrgangsstufe jeden Freitag ein Praktikum in einem Unternehmen absolvieren musste. Mit diesen unterschiedlichen Praktikumserfahrungen gelänge es Jugendlichen viel einfacher, Entscheidungen für das Leben zu fällen und sie wären klarer in der Berufswahl. Seit eineinhalb Jahren ist nun auch sein ältester Sohn Teil des Familienunternehmens. Nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmechaniker bei einem bekannten Schreibgerätehersteller arbeitete er noch über mehrere Monate als Geselle und nun lernt er den Werkzeugbau im Unternehmen von der Pike auf und ist momentan für das Erodieren in der PKD-Abteilung eingesetzt. „Gestern“, so kommentiert Robert Lehmann freudig, „kam mein Sohn auf mich zu und bat mich darum, den Ausbilderschein machen zu dürfen. Das halte ich für eine tolle Sache, wenn er sich mit dem Unternehmen identifiziert und selbst die Initiative ergreift.“ Dankbar ist Roland Lehmann auch für seine Frau an seiner Seite, die seine Selbständigkeit von Anfang an begleitet habe und damit eine wichtige Stütze für das Werkzeugunternehmen sei. So sei sie neben ihrer kaufmännischen Tätigkeit auch immer eine ausgezeichnete Ratgeberin, wenn es um betriebliche Entscheidungen ginge.


Rittergut als zusätzlicher Firmensitz

Was zu Beginn als Garagenfirma mit einem Schleifservice begann, setzte sich später mit einem Anbau an das Wohngebäude für die Werkzeugherstellung fort, insbesondere im Bereich der PKD-Werkzeuge. Doch mit dem Erfolg platzte auch dieser Arbeitsbereich bald aus allen Nähten. Eigentlich hätte es sich der sächsische Unternehmer einfach machen können, indem er ein modernes Firmengebäude auf der grünen Wiese errichtet hätte. Doch weit gefehlt. Nur ein paar Schritte nach hinten erhebt sich ein herrschaftliches unter Denkmalschutz stehendes Rittergut von 1443. Lehmann fackelte nicht lange und sanierte detailverliebt den monumentalen Bau. Während nun in einem Flügel Präzisionswerkzeuge für verschiedene Branchen gefertigt werden, wird ein anderer Teil für Wohnungen bereitgestellt. Es handelt sich wohl um die einzige Werkzeugfertigung in Deutschland im historischen Ambiente. „Und“, so fügt er hinzu, „alles schuldenfrei. Viele Betriebe mussten gerade in den vergangenen Jahren geschlossen werden, da sie finanziell nicht durchgehalten haben. Sie gingen in die Insolvenz oder wurden verkauft. Wir sind erfreulicherweise ohne Schulden, das nimmt uns den Druck und verschafft freies Denken.“


Wie planen, wenn nichts planbar ist

Rohstoffknappheit, Lieferverknappung, Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiekrise… Die Liste ließe sich noch endlos weiterführen, so der 56-jährige Unternehmer. Nie waren die Zeiten unsicherer als in diesen Tagen. Gerne würde er in eine neue Maschine investieren, doch er wisse nicht, ob am Ende des Jahres noch genügend Gas für sein Unternehmen zur Verfügung stünde, um überhaupt noch fertigen zu können. Roland Lehmann findet dafür keine Worte mehr. Sehr kritisch sieht er auch die Abhängigkeiten zu anderen Ländern. Ganz Europa habe sich mittlerweile beispielsweise von China und Russland abhängig gemacht, das seien kapitale politische Fehler der Regierungen, die leider nicht mit einem kleinen Federstrich korrigiert werden können. Sämtliche Rohmaterialien stiegen enorm im Preis, alles benötige Energie für die verschiedenen Herstellungsverfahren. Insgeheim, so sagt er, bräuchte es mal einen kurzzeitigen Energielockdown, damit die Menschen erkennen würden, wie alles ineinander verwoben ist. Vielen ist das bedrohliche Ausmaß einer Energiekrise leider nicht bewusst.


Work-life-Balance entscheidend für den Erfolg

Findet man Roland Lehmann gerade nicht bei der Optimierung und der Konstruktion seiner Werkzeuge oder ist er nicht im Mitarbeiter- oder Kundengespräch, geht er am liebsten seinem Hobby, der Jagd nach.  Mindestens zwei Mal in der Woche macht er sich auf in seine Reviere, kümmert sich um die Erhaltung eines artenreichen Tierbestandes und genießt die Ruhe im Wald und auf der Flur. Auch als Jäger seien ähnliche Attribute vergleichbar wie die eines Unternehmers gefordert, wie beispielsweise selbständiges Arbeiten, Geschicklichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Engagement und Organisationstalent. Ebenso seien eine gute Beobachtungsgabe und fokussierte Aufmerksamkeit vonnöten. Und wenn man in der Jägersprache bleiben möchte: Weder Jäger noch Unternehmer möchten sich Wild oder Aufträge „durch die Lappen“ gehen lassen und nur das Wild und nicht das Geschäft dürfen „auf der Strecke“ bleiben. Abschalten kann er außerdem gut abends bei einem Gläschen Wein, mit Blick auf sein angelegtes kleines Tiergehege samt Teichareal neben dem ehemaligen Rittergut. Zwei Rebhühner hätte er nun auch gerade bestellt, gibt er augenzwinkernd zu verstehen. Auch hier gäbe es womöglich Parallelen zu ziehen: So gilt das Rebhuhn als sogenannter Charaktervogel der offenen Feldflur.


AMB als Wachstumsschub

Erfreut zeigt sich Roland Lehmann, dass die AMB wieder unter „normalen Bedingungen“ stattfinden könne. Eine Messe lebe nun mal von Kundenkontakten und persönlichen Gesprächen. Eintritt unter 2G und Maskenpflicht wie auf der GrindTec halten Besucher ab und sorgen für wenig Effizienz. Deshalb präsentiert er wieder gerne im September seine Sonderwerkzeuge aus Hart- und Vollhartmetall, diamant- bzw. PKD-bestückt „face to face“. Er freue sich auf die Herausforderungen, über die Kundenwünsche, die an den Messetagen an ihn herangetragen werden würden. „Denn“, so betont er, „wir verkaufen nicht das Werkzeug, sondern die Lösung. Dafür machen wir unser eigenes Engineering und designen Werkzeuge für das jeweilige Anwendungsgebiet. Dabei decken wir die unterschiedlichsten Branchen ab. Es geht immer darum zu hinterfragen, was der Kunde erreichen wolle. Nach 30 Jahren Präsenz am Markt, dem gewachsenen Know-how und aufgrund der äußerst wendigen und flexibel Betriebsstruktur haben wir uns hervorragend am Markt positioniert, sind und bleiben geschätzter Partner unserer Kunden, respektive unserer Neukunden.“


Quelle | Lehmann Präzisionswerkzeuge