Eine Prise Chrom verbessert das Einsatzverhalten von Diamantschleifscheiben
Die Herstellung von Hartmetall-Bohrern und Fräsern setzt hohe Anforderungen an die Schleifscheiben voraus, die für diesen Prozess verwendet werden. Dabei sind ein geringer Verschleiß und minimale Prozesstemperaturen erforderlich, um eine thermische Schädigung der hergestellten Werkzeuge zu verhindern. In diesem Zusammenhang kommen Schneidkörner aus Diamant zum Einsatz. Diese werden nicht nur formschlüssig in die kupferbasierte Schleifscheibenbindung integriert, sondern weisen auch eine stoffschlüssige Verbindung mit dieser Bindung auf. Da Kupfer und Diamant keine chemische Reaktion miteinander eingehen, können die Diamanten vorab mit Karbidbildnern beschichtet werden, um eine Reaktion während des Sintervorgangs auszulösen.
Das DFG-Projekt "Einsatzverhalten sintermetallischer Diamantschleifscheiben mit chemisch angebundenen Schleifkörnern", das am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) durchgeführt wurde, untersuchte, ob eine stoffschlüssige Anbindung auch ohne vorherige Beschichtung erreicht werden kann. Die Anbindung sollte nur durch Zugabe von Chrom in Pulverform zur Schleifscheibenbindung erreicht werden.
Die Untersuchungen zeigen, dass bereits durch eine geringe Zugabe von 2 Gew.-% Chrom eine vollständige Ummantelung der Diamanten mit Chromkarbid erreicht werden kann. Dabei sind eine Sintertemperatur über 750° C und möglichst geringe Partikelgrößen an Chrom entscheidend. Die höhere spezifische Oberfläche bei kleinen Partikelgrößen erhöht die Wahrscheinlichkeit von Chrompartikeln, die mit den Diamanten in Kontakt kommen, und fördert somit die Karbidbildung.
Im Vergleich zur rein stoffschlüssigen Bindung konnte die mechanische Festigkeit des Schleifbelags durch die verbesserte Anbindung der Diamanten um +363% gesteigert werden. Einsatzuntersuchungen im Nutentiefschliff von Hartmetall zeigen eine signifikante Verschleißreduktion und geringere Schleifkräfte aufgrund der stärkeren Kornhaltekräfte infolge der Karbidbildung. Die Karbidbildung erhöht zusätzlich den Wärmetransport zwischen der Bindung und den Diamanten, was zu einer Steigerung der Wärmeleitfähigkeit des Schleifbelags um bis zu +102% im Vergleich zur stoffschlüssigen Anbindung führt. Die gesteigerte Wärmeleitfähigkeit verbessert die Abfuhr von Wärme aus der Kontaktzone zwischen Schleifscheibe und Hartmetall-Werkstück und verhindert so die Bildung von Aufschweißungen des Hartmetalls.
Die gleichmäßigere Verteilung der Wärme innerhalb des Schleifbelags und nicht lokal im Werkzeug-Werkstück-Kontakt führt zu einer effizienteren Prozesskühlung. Dies wurde sowohl in einer FEM-Simulation als auch durch Temperaturmessungen im Werkstück und in der Schleifscheibe bestätigt. In Übereinstimmung mit der FEM-Simulation konnte gezeigt werden, dass die verbesserte Wärmeleitfähigkeit zu einer Abnahme der normalisierten Kontaktzonentemperatur von 17% führt. Die resultierenden Eigenspannungen zeigen ebenfalls eine verringerte thermische Belastung des Werkstücks, wobei sich die Druckeigenspannungen beim Einsatz der Schleifscheibe mit einem Chromgehalt von 2 Gew.-% um +18% erhöhten, verglichen mit dem Einsatz der Schleifscheibe ohne Karbidbildung.
Eine Projektfortführung erfolgt ab 2024 im Rahmen des DFG-Projektes „Einsatzverhalten sintermetallischer Diamantschleifscheiben mit Graphitaddition“. Hier sollen die bereits gewonnenen Erkenntnisse genutzt werden und durch die Graphitaddition die Wärmeleitfähigkeit und vor allem die Abrichtbarkeit der metallisch gebundenen Schleifscheiben weiter verbessert werden. Voruntersuchungen haben gezeigt, dass die gezielte Zugabe von Graphit zu einer Schwächung der Bindung führen kann. Dadurch resultiert während des Schleifprozesses eine verbesserte Selbstschärfung. Die Verwendung von flockenförmigen Graphit zur Herstellung der Schleifbeläge bewirkt eine Ausrichtung der Graphit-Flocken senkrecht zum ausgeübten Druck während des Sinterprozesses. In den so hergestellten Schleifscheiben kommt es zu einer Steigerung der Wärmeleitfähigkeit in radialer Richtung.
Bereits im vorangegangenen Projekt wurde nachgewiesen, dass eine erhöhte Wärmeleitfähigkeit zu einem verbesserten Einsatzverhalten führt, begleitet von geringeren Temperaturen im Werkzeug-Werkstück-Kontakt. Zusätzlich zur makroskopischen Betrachtung des Einsatzverhaltens wird im Rahmen dieses Projekts auch die mikroskopische Ebene untersucht. Hierzu werden Einkornproben mit den jeweiligen Bindungssystemen hergestellt und in der Kinematik des Längsritzens eingesetzt. Diese Untersuchungen geben Aufschluss über das dynamische Einsatzverhalten eines Einzelkorns im Zusammenhang mit der umgebenden Bindung und dienen zur Beschreibung der Wirkzusammenhänge und Verschleißmechanismen beim Schleifen mit vollständigen Schleifscheiben. Das Gesamtziel dieses Projekts besteht in der Entwicklung eines belastungsspezifischen Modells für die Auslegung von metallisch gebundenen Diamantschleifscheiben zur Bearbeitung von Hartmetall. Durch das Vorhaben wird die Wissenslücke bezüglich der Zusammenhänge zwischen der Zugabe von Graphit und Chrom zur Bindungsmatrix, den daraus resultierenden Schleifbelagseigenschaften sowie dem Einsatzverhalten sintermetallischer Diamantschleifscheiben geschlossen.
Quelle: FW Hannover

